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✎ von Tristan Schulze am Mai 2, 2025 -

My Sight Is Shorter Than I Think

Die Brille "My sight is shorter than I think" ist ein kritisches Designobjekt aus Holz mit perforierten Linsen, das bewusst das Sichtfeld einschränkt. Sie dient nicht als funktionales Werkzeug, sondern als Metapher für die blinden Flecken von Designer:innen – selbst nachhaltige oder ethische Entscheidungen können unbeabsichtigte Folgen haben. Als Denkmodell regt sie zur Reflexion an: Welche Perspektiven werden übersehen, und welche Systeme verstärken diese Blindheit?

Einleitung: Gestaltung und Konsequenz Jede Designentscheidung, jedes verwendete Werkzeug und jede gestalterische Intuition hinterlässt Spuren – oft weit über den intendierten Kontext hinaus. Designer:innen agieren nicht im luftleeren Raum. Ihre Arbeit ist eingebettet in ökonomische, gesellschaftliche, technologische und ökologische Systeme. Dabei zeigt die Geschichte des Designs eindrücklich: selbst wohlmeinende, innovative Ansätze können katastrophale Folgen nach sich ziehen. Die Erfindung des Bakelit, ein bahnbrechender Kunststoff der frühen Moderne, gilt als ein Meilenstein der Materialinnovation – und markiert gleichzeitig den Beginn der globalen Plastikverschmutzung. Auch die Gestaltung von Interfaces für soziale Netzwerke wurde zunächst von demokratischem Enthusiasmus getragen – und mündete in einer Ökonomie der Aufmerksamkeit, Desinformation und algorithmischen Manipulation.

Bildbeschreibung

Konzept: Eine Brille als Metapher des blinden Flecks Das Konzept mit dem Arbeitstitel "My sight is shorter than I think" macht diese Spannung sichtbar – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Im Zentrum steht eine handgefertigte Brille aus Holz. Ihre Linsen sind keine transparenten Flächen, sondern gelochte, perforierte Scheiben – vergleichbar mit der Funktionsweise einer Camera Obscura. Die Perforierung schränkt das Sichtfeld der Träger:innen massiv ein. Nur kleine Ausschnitte der Umwelt sind wahrnehmbar, das periphere Sehen wird unterdrückt, räumliche Tiefe geht verloren.

Die Brille fungiert als kritisches Designobjekt, das nicht getragen wird, um besser zu sehen, sondern um sich der eigenen Einschränkungen im Sehen bewusst zu werden. Sie stellt damit eine Reflexionsfigur dar: auch Designer:innen mit ethischem Anspruch, mit politischem Bewusstsein und ökologischem Verantwortungsgefühl bleiben in ihren Perspektiven begrenzt.

Materialität als Geste Das Material – unbehandeltes, eventuell recyceltes Holz – verweist auf eine vermeintlich “gute”, nachhaltige Wahl. Doch auch diese Entscheidung ist Teil der Geste: Das Objekt verweigert eine funktionale Lesart. Statt als Lösung zu wirken, schafft es Irritation. Es zeigt, dass Nachhaltigkeit und Ethik keine Garantie für Weitsicht oder Vollständigkeit sind – sondern oft selbst ideologisch aufgeladene Kategorien.

Diskursive Funktion und Anwendung My sight is shorter than I think versteht sich nicht als Produkt, sondern als Denkmodell in physischer Form. Es kann in gestalterischen Ausbildungszusammenhängen, in Ausstellungen zu spekulativem oder kritischem Design sowie in öffentlichen Interventionen zum Einsatz kommen. Besonders im Kontext von Workshops oder Seminaren zu Verantwortung im Design öffnet es Räume für Diskussion:

  • Was übersehe ich als Gestalter:in?
  • Wen oder was blende ich systematisch aus?
  • Welche Werkzeuge verschärfen meine Blindheit – obwohl sie mir Sehen versprechen?

Theoretischer Rahmen und Referenzen Die Arbeit steht in der Tradition von Anthony Dunne und Fiona Raby, die mit ihrem Konzept des Critical Design Objekte nicht zur Lösung, sondern zur Problematisierung entwerfen. Tony Fry spricht von „defuturing“, wenn Design Zukünfte verbaut. Auch dieser Gedanke ist zentral für die Brille: sie verweist nicht auf einen Horizont, sondern auf dessen Abwesenheit.

Visuell und symbolisch lässt sich das Objekt an Vorläufer wie das „Design Noir“ anschließen – ebenso an Instrumente aus Religion oder Strafsystemen, die den Blick bewusst beschneiden. Gleichzeitig evoziert es Nähe zu einem künstlerischen Duktus, etwa zu performativen Praktiken von Santiago Sierra oder der konzeptuellen Reduktion von Andrea Zittel.

Funktion als Mahnung und Störung Die Brille macht nicht besser – sie macht langsamer, weniger sicher, unbequemer. Und gerade darin liegt ihr Wert: Sie erinnert daran, dass Design nicht nur sichtbare Oberflächen formt, sondern ebenso das, was nicht gesehen wird. Sie verschiebt die Aufmerksamkeit von der Frage „Was kann ich gestalten?“ hin zu „Was kann ich nicht wissen?“.

Bildbeschreibung




speculatives

Analyse des Konzepts anhand von Designfiktion Kritierien.


#1 Bezug zur eigenen Lebenswelt
Die Brille als Metapher für blinde Flecken ist universell anschlussfähig – jeder kennt das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Doch der Fokus auf Designer:innen als Zielgruppe schränkt die persönliche Identifikation ein. Eine breitere Anwendung (z.B. auf Entscheidungsträger:innen allgemein) würde die Resonanz verstärken.

#2 Relevanz gesellschaftlicher Themen
Das Konzept adressiert hochaktuelle Themen wie Verantwortung, Nachhaltigkeit und unbeabsichtigte Folgen von Innovation. Allerdings bleibt der Bezug zu konkreten Krisen (Klimawandel, Digitalisierung) implizit – eine schärfere Zuspitzung auf aktuelle Skandale oder Dilemmata würde die Dringlichkeit verdeutlichen.

#3 Gestalterische Zuspitzung
Die perforierten Linsen sind eine starke, fast schon brutale Reduktion. Die physische Einschränkung des Sehens überspitzt die Metapher wirksam. Allerdings fehlt eine Steigerung: Was passiert, wenn die Löcher noch kleiner werden? Oder wenn die Brille Datenblindheit statt räumlicher Blindheit symbolisiert?

#4 Symbolik und Metaphern
Holz als „gutes“ Material, das dennoch keine Lösung bietet, ist ein kluger Widerspruch. Die Camera Obscura-Ästhetik funktioniert als Symbol für selektive Wahrnehmung. Schwachstelle: Die religiösen/historischen Referenzen (z.B. Scheuklappen) bleiben unterbelichtet – hier läge mehr Tiefe.

#5 Narrative Konsistenz
Die Brille als Objekt ist in sich schlüssig, aber das Konzept springt zwischen verschiedenen Ebenen (Materialität, Ethik, Bildung). Ein klarerer „Plot“ – z.B. vom Tragen der Brille zur Erkenntnis – würde die Wirkung bündeln. Der theoretische Rahmen (Dunne/Raby) wirkt etwas aufgesetzt.

#6 Irritative Reibung
Die Brille stört effektiv die Erwartung an „hilfreiches“ Design. Doch die Provokation bleibt harmlos: Würde sie Schmerzen verursachen oder die Umgebung verzerren, wäre die Irritation radikaler. Der Holz-Charme mildert die Wucht der Kritik.

#7 Varianz
Es gibt nur eine Brille – dabei wäre die Idee ideal für Serien: Eine Version aus Plastik (Ironie!), eine mit Spiegeln (Selbstreflexion), eine mit KI-gesteuerter Sichtbegrenzung. Die Grundthese bleibt monolithisch, statt multiperspektivisch erkundet zu werden.

realistics

Reality Check anhand aktueller Studien und Forschung.


  • noch kein reality check vorhanden -

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metadata

pragmatics

Übersetzung und Reduktion des Prototypen in eine machbare Form.


ethics

Zeigt die ethische Perspektive auf das Konzept


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intrinsics

intrinsics


network

Zeigt Verbindungen oder interessante Überschneidungen zu anderen Konzepten innerhalb dieser BREEDER Instanz.


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