Die Solarküche ist eine mobil einsetzbare, solare Versorgungsinfrastruktur, die zugleich als soziale Skulptur wirkt. Sie versammelt Technik, Gestaltung und soziale Praxis in einem modularen System, das im öffentlichen Raum aufklappbar, aktivierbar und transformativ ist. Durch reflektierende Parabolschirme, die das Sonnenlicht bündeln, entsteht im Zentrum der Installation eine Hochtemperaturzone. Hier wird gekocht – emissionsfrei, ortsunabhängig, gemeinschaftlich. Die Form erinnert an eine archaische Feuerstelle, ist aber technologisch auf das 21. Jahrhundert bezogen: solar, leicht, wiederverwendbar, unabhängig vom Stromnetz.
Mobilität als politische Geste Die gesamte Anlage – bestehend aus Kochstellen, Arbeitsflächen, Sitzbänken, Geschirr, Lagerboxen – wird auf E-Lastenrädern transportiert. Dadurch ist sie nicht an feste Orte gebunden, sondern folgt dem Bedarf: in von Prekarität betroffenen Quartieren, an Orten urbaner Ernte, bei Aktionen solidarischer Küchen oder als temporäres Commons im Stadtpark. Diese Mobilität ist nicht nur funktional, sondern auch symbolisch: Sie bricht mit der Sesshaftigkeit klassischer Fürsorgeeinrichtungen und bringt Versorgung dorthin, wo Menschen sie brauchen – spontan, niedrigschwellig, sichtbar.
Energie sichtbar machen Die Solarküche legt offen, was in klassischen Infrastrukturen unsichtbar bleibt: die Herkunft und Verwendung von Energie. Durch die Ausrichtung der Spiegel wird Sonnenlicht zur kollektiven Handlung. Kochen geschieht nicht „auf Knopfdruck“, sondern als bewusster, situativer Akt, der meteorologischen, sozialen und räumlichen Bedingungen folgt. Diese Sichtbarmachung von Energie als commons-orientierte Ressource knüpft an Konzepte wie „Energy as a Design Material“ (Wiberg, 2018) oder „Designing with Care“ (Rosner, 2018) an, in denen Energie nicht nur technisch, sondern auch kulturell, affektiv und relational gedacht wird.
Fürsorge als Gestaltungspraxis Die Solarküche steht im Kontext einer wachsenden Designbewegung, die Versorgung, Sorgearbeit und Inklusion als politische und gestalterische Aufgaben versteht. Sie folgt einem erweiterten Designbegriff, wie ihn u.a. Ezio Manzini (2015) mit dem Konzept Design for Social Innovation formuliert oder wie ihn Annemarie Mol in ihrer Ethnografie The Logic of Care (2008) als nicht-normatives, situationsbezogenes Handeln beschreibt.
Die Küche erzeugt Raum für Beziehung – zwischen Menschen, zwischen Menschen und Material, zwischen Mensch und Umwelt. Sie ist nicht Objekt, sondern Plattform: zum Lernen, Kooperieren, Teilen.
Temporäre Commons in der Stadt Die Solarküche erzeugt temporäre Gemeingüter – Orte, an denen Versorgung, Wissen und Handlung geteilt werden. Diese „situated commons“ stehen in der Tradition partizipativer Stadtinterventionen wie den „Kitchen Monument“-Projekten von raumlaborberlin oder mobilen Küchen wie „Cooking Sections“ (The Empire Remains Shop, 2016). Gleichzeitig fügt sie eine ökologische Ebene hinzu, indem sie mit lokaler Ernte verbunden werden kann. Die Kombination aus Kochstelle und Lastenrad schafft neue Interaktionsmöglichkeiten mit urbanem Gärtnern, kompostierbaren Reststoffen und saisonalem Wissen.
Implikationen für Gestaltung und Stadtentwicklung Die Solarküche kann in vielfacher Hinsicht als Modell dienen: – als dezentralisierbare Versorgungsstruktur in der klimakrisenbedingten Transformation städtischer Infrastrukturen – als Werkzeug für Nachbarschaftsbildung, soziale Gerechtigkeit und informelle Bildung – als ästhetisch-politische Geste im urbanen Raum, die Energie, Sorge und Kooperation sichtbar macht
Forschungs- und Designbezüge: – Pelle Ehn, Elisabet M. Nilsson & Richard Topgaard: Making Futures: Marginal Notes on Innovation, Design, and Democracy (2014) – Arturo Escobar: Designs for the Pluriverse (2018) – zur Notwendigkeit lokaler, autonomer Gestaltungspraxen – Sasha Costanza-Chock: Design Justice (2020) – zur Frage, wer gestaltet, für wen, mit welchen Werten – Silvia Federici: Re-enchanting the World (2018) – zur Rückgewinnung von Commons durch Care-Arbeit und Kollektivität
Die Solarküche steht damit für eine neue Form der Gestaltung: nicht als Objektproduktion, sondern als Ermöglichungsstruktur. Sie stellt weniger ein fertiges Design dar als eine situative Praxis – offen, anpassbar, sinnlich und gemeinschaftsbildend.
Die Solarküche ist technisch durchaus umsetzbar, da es bereits etablierte Modelle solarkochender Geräte gibt. Die Verwendung reflektierender Parabolschirme zur Bündelung von Sonnenlicht und Erzeugung von Hochtemperaturen ist ein etabliertes Prinzip. Die Mobilität der Anlage durch E-Lastenräder ist innovative und praktische Lösung, die sowohl funktional als auch symbolisch wirkt. Allerdings müssen die technischen Details, wie die Effizienz der Energieumwandlung und die Belastbarkeit der Konstruktion, sorgfältig überprüft werden. Eine kritische Frage ist, wie die Solarküche bei schlechtem Wetter oder in Gebieten mit geringer Sonneneinstrahlung funktioniert.
Die Solarküche hat ein hohes Potenzial, um soziale Akzeptanz zu erlangen, insbesondere in urbanen Bereichen mit sozialer Prekarität. Das Konzept der mobilen, emissionsfreien Küche, die als temporäres Commons fungiert, ist sowohl innovativ als auch relevant für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen. Es bietet eine Plattform für soziale Interaktion, Bildung und Zusammenhalt. Allerdings könnte die Akzeptanz variieren, je nachdem, wie gut die Küche in die bestehende soziale Struktur integriert wird und ob sie tatsächlich die Bedürfnisse der betroffenen Gemeinschaften adressiert. Es ist entscheidend, die Küche als inklusives Projekt zu gestalten und die Beteiligten aktiv einzubeziehen.
Die Sichtbarmachung der Energieherkunft und -verwendung ist ein fortschrittlicher Aspekt, der das Verständnis und die Wertschätzung der Energie steigert. Diese Praxis knüpft an etablierte Konzepte wie „Energy as a Design Material“ und „Designing with Care“ an, die Energie als kulturelle Ressource begreifen. Die Solarküche kann als lebendige Demonstration des Commons-Prinzips fungieren, indem sie Energie als gemeinschaftliche Ressource darstellt. Die Herausforderung liegt darin, sicherzustellen, dass die Energiemäßigkeit der Küche effizient und nachhaltig ist, um das Vertrauen in das Konzept zu stärken.
Die Solarküche steht in einem breiten Kontext von Designbewegungen, die Versorgung und Sorgearbeit als gestalterische Aufgaben verstehen. Die Küche erzeugt Raum für Beziehungen und Handlung, indem sie als Plattform für Lernen, Kooperieren und Teilen fungiert. Dieses Konzept ist innovativ und hat das Potenzial, neue Formen der Gestaltung zu eröffnen, die nicht nur auf Objektproduktion, sondern auf situativen Praktiken abzielen. Die Herausforderung besteht darin, die Küche als flexibles und anpassbares System zu gestalten, das die Bedürfnisse verschiedener Gemeinschaften berücksichtigt.
Die Solarküche kann als Modell für dezentrale Versorgungsstrukturen dienen, die in klimakrisenbedingten Transformationen städtischer Infrastrukturen eine Rolle spielen können. Sie bietet eine Möglichkeit, Nachbarschaften zu stärken, soziale Gerechtigkeit zu fördern und informelle Bildung zu unterstützen. Die Küche als ästhetisch-politische Geste im urbanen Raum kann Energie, Sorge und Kooperation sichtbar machen. Allerdings müssen die Implikationen für die Stadtentwicklung sorgfältig geplant werden, um sicherzustellen, dass die Küche nicht als kurzfristige Lösung für langfristige soziale und ökologische Herausforderungen missbraucht wird.
Die Verbindung der Solarküche mit lokaler Ernte und saisonalem Wissen ist ein fortschrittlicher Ansatz, der die Küche als Teil eines größeren ökologischen Systems positioniert. Dies kann neue Interaktionsmöglichkeiten mit
Suncrunch
Der Solarküche ähnliche Aspekte sind die Nutzung von Sonnenenergie und die Kombination von Technologie mit einer funktionalen und ästhetischen Komponente. Der Popcorn Solarschirm bündelt Sonnenstrahlung, um Snacks zu kochen, ähnlich wie die Solarküche Sonnenenergie nutzt, um emissionsfrei zu kochen. Beide Konzepte sind mobile, technologisch fortgeschrittene Lösungen, die die Nutzung von Sonnenenergie in der Alltagssituation integrieren.
https://designfiction.turboflip.de/suncrunch
Lernraum:Stadt - Das dezentrale Bildungsnetzwerk im urbanen Raum
Eine interessante Kombination wäre die Integration der Solarküche in das dezentrale Bildungsnetzwerk der Stadt. Die Solarküche könnte als mobile Lernraum fungieren, wo nicht nur gekocht wird, sondern auch Wissen über nachhaltige Lebensweisen, Energiegewinnung und soziale Praxis geteilt wird. Dies würde die Solarküche zu einem zentralen Punkt für soziale und ökologische Bildung machen, indem sie den Raum für Beziehungen und Wissensaustausch schafft.
https://designfiction.turboflip.de/ubiquilearn-das-dezentrale-bildungsnetzwerk-im-urbanen-raum
TauschRaum: Der sozial-ökologische Kreislauf-Laden für Nachbarschaften
Das Konzept des TauschRaums könnte die soziale und ökologische Dimension der Solarküche erweitern. Statt nur eine mobile Kochstation zu sein, könnte die Solarküche auch als Ort für den Austausch von Gegenständen und Wissen dienen. Dies würde die Solarküche zu einem vollwertigen temporären Commons machen, wo nicht nur gekocht, sondern auch Materialien und Wissen geteilt werden. Die sozialen und ökologischen Prinzipien der Solarküche würden dadurch weiter verstärkt.
https://designfiction.turboflip.de/tauschraum-der-sozial-ökologische-kreislauf-laden-für-nachbarschaften