Die WEBSEITE ist ein spekulatives, materielles Artefakt: ein gewebtes Textil in A4-Größe, das eine typische, grafisch abstrahierte Website darstellt – inklusive Browserrahmen, Navigationsleisten, Textblöcken und Bildflächen. Das Motiv ist nicht klar lesbar, die Typografie ist fragmentarisch, der Bildinhalt schemenhaft – dennoch ist unverkennbar, dass es sich um das Interface einer klassischen Website handelt. Die Arbeit übersetzt ein digitales Medium in ein stoffliches, entschleunigtes Format und wird so zu einer kritischen Reflexion über das, was aus der Vision eines freien Internets geworden ist.
Textiles Web – vom Datenraum zum Gewebe Das Textil besteht aus drei nachhaltig gefärbten Garnfarben, die in einem Jacquardverfahren zu einer dichten, haptischen Oberfläche verwoben werden. Die grafischen Elemente entsprechen typischen UI-Bausteinen einer HTML-Website aus den 2000er Jahren: Header, Navigation, Content, Sidebar, Footer. Das Raster des Codes ist in Fadenraster übersetzt. Die web page wird buchstäblich zur Woven Page.
Digitale Vergänglichkeit und stoffliche Permanenz Während Websites flüchtig, modifizierbar und durch algorithmische Optimierung geprägt sind, steht das gewebte Artefakt für Langsamkeit, Dauer, Materialität. In einer Zeit, in der klassische Websites zunehmend durch geschlossene Plattformen (Apps, soziale Netzwerke, Chatbots) verdrängt werden, markiert das Objekt den Übergang: von der offenen, browserbasierten Struktur des Internets hin zu fragmentierten, proprietären Ökosystemen.
Dabei geht es nicht um Techniknostalgie, sondern um einen medienpolitischen Kommentar: Der Verlust der offenen HTML-Infrastruktur bedeutet auch den Verlust demokratischer Gestaltungsmöglichkeiten, den Verlust von Experiment, Zugriff und radikaler Kreativität.
Das verborgene Manifest In den scheinbar unleserlichen Textzeilen verbirgt sich ein Clou: Der Text ist in Morsecode gewebt – Punkt, Strich, Leerraum – und ergibt bei Entschlüsselung ein kompaktes Manifest zur Bewahrung des Internets als öffentlicher, kreativer und freier Raum. Das Manifest ist Teil des Materials und verweigert sich direkter Rezeption – erst durch Geduld und Auseinandersetzung wird es sichtbar.
Dies greift die Idee von „Slow Media“ auf und verbindet sie mit kritischen Praktiken des Steganographischen und des Medienwandels. Die Arbeit fragt: Was bleibt, wenn Interfaces verschwinden? Was, wenn Lesbarkeit durch Geschwindigkeit ersetzt wird? Und wie lässt sich Information als Widerstand in Material einschreiben?
Kritisches Design im Sinne digitaler Kulturerhaltung Die WEBSEITE steht in der Tradition kritischer Designpraxen, die sich mit digitaler Infrastruktur, deren Verfall und politischer Dimension auseinandersetzen: – Olia Lialina: One Terabyte of Kilobyte Age – zur Archivierung früher Webästhetik – Zach Blas: Contra-Internet – über Strategien gegen die Kontrolle digitaler Infrastrukturen – Johanna Hedva: Sick Woman Theory – über das Recht auf digitalen Rückzug und alternative Lesbarkeiten – Mozilla Manifesto & The Internet Archive – als Bezugspunkte einer netzpolitischen Verteidigung digitaler Gemeingüter
Implikationen Die WEBSEITE ist eine spekulative Replik auf das, was im Begriff ist zu verschwinden: ein Internet, das als gestaltbarer öffentlicher Raum gedacht war. Die Arbeit dokumentiert nicht, sondern interveniert. Sie transformiert flüchtige, immaterielle Daten in Stoff, entschleunigt Interface-Logiken und verschlüsselt zugleich eine Botschaft: Widerstand beginnt mit der Erinnerung an Alternativen.
Das Gewebe wird so zum stillen Träger digitaler Utopien – nicht vergangen, sondern eingeschrieben.
Analyse des Konzepts anhand von Designfiktion Kritierien.
⇄ Wenn die WEBSEITE ihre textile Basis gegen eine lebendige, wachsende Pflanze austauschen würde, welche symbolische und physische Veränderungen könnten diese Mutation für die Darstellung der digitalen Vergänglichkeit und der stofflichen Permanenz mit sich bringen?
⎄ Wie könnte die WEBSEITE mit der Technologie der Virtual Reality kombiniert werden, um eine neue Art von Erschütterung der Trennung zwischen digitaler und materieller Realität zu schaffen, die die Benutzer dazu veranlassen würde, die temporäre Natur der digitalen Welten in einer neuen Perspektive zu betrachten?
≈ Wenn die WEBSEITE den Übergang von der Textilindustrie in den Bereich der Naturkunst vollziehen würde, indem die Webseite in eine komplex gestaltete Mosaikarbeit aus organischen Materialien wie Blättern, Steinen und Holz umgewandelt würde, welche neuen Facetten der Kritik an der digitalen Welt könnten dadurch aufgedeckt werden?
⟗ Was wäre, wenn die WEBSEITE in einem gigantischen Format erscheinen würde, das so groß ist, dass es ein gesamtes Museum ausfüllt, oder extrem minimiert, sodass sie nur noch auf Mikrochipgröße passen würde – welche Implikationen würde dies für die Deutung von Langsamkeit und Dauer haben?
↭ Wie könnte die WEBSEITE umfunktioniert werden, um als eine Art digitales Zeitkapsel zu fungieren, welche in einer Zukunft freigegeben wird, in der das Internet als öffentlicher Raum verschwunden ist, und welche Wirkung hätte diese Verwendung auf die Wahrnehmung der Geschichte und Zukunft des Internets?
⊙ Wenn alle visuellen Elemente der WEBSEITE entfernt würden, und nur die in Morsecode gewebten Textzeilen übrig blieben, welche neuen Interpretationen und Reflexionen könnten durch diese Vereinfachung hervorgebracht werden?
⥰ Wie könnte die WEBSEITE neu organisiert werden, wenn das Manifest in der Mitte des Textils platziert würde, und die umgebenden UI-Bausteine in einem chaotischen, aber sinnvollen Muster um es herum angeordnet würden, um eine neue Struktur der Information und des Widerstands zu schaffen?
Reality Check anhand aktueller Studien und Forschung.
Die Übersetzung digitaler UI-Elemente in Jacquard-Gewebe ist technisch machbar, aber die haptische Abstraktion führt zu Informationsverlust. Die Morsecode-Verschlüsselung erfordert aktive Decodierung – ein Kommentar zur passiven Rezeption digitaler Inhalte. Theoretisch verankert in Vilém Flussers Die Schrift (1987), wo Materialität als Träger von Bedeutung hinterfragt wird.
Die Arbeit reflektiert den Verlust offener Webstandards, aber die Nostalgie für HTML der 2000er ignoriert, dass das Web schon damals kommerziell geprägt war (vgl. Wendy Chun, Programmed Visions, 2011). Der Fokus auf Materialität als Widerstand übersieht, dass auch physische Archive (z.B. Internet Archive) von Infrastruktur abhängen.
Die Entschleunigung durch textile Decodierung setzt Zeit und Zugang zu materiellen Ressourcen voraus – ein elitärer Ansatz, der digitale Inklusion ausblendet. Theoretisch problematisch: Lauren Berlant (Cruel Optimism, 2011) zeigt, wie „Langsamkeit“ oft ungleich verteilt ist.
Der Morsecode als Manifest ist ein cleverer Kunstgriff, aber praktisch schwer vermittelbar. Ohne Kontextwissen bleibt die Botschaft unlesbar – ein Paradox, da sie gerade Öffentlichkeit einfordert. Medienwissenschaftlich relevant: Friedrich Kittler (Aufschreibesysteme, 1985) zur Materialität von Codes.
Die Arbeit funktioniert als Denkmodell, nicht als Lösung. Kritische Referenzen (Lialina, Blas) sind valide, aber der textile Fetischismus riskiert, politische Forderungen zu ästhetisieren. Fehlende Bezüge: aktuellere Netzpolitik (z.B. Plattformregulierung) oder nicht-westliche Webkulturen.
Das Konzept ist theoretisch dicht, aber praktisch ambivalent: Es kritisiert Digitalität durch Exklusivität. Die Materialwende bleibt metaphorisch – ein Symptom des Problems, das sie benennt.
ᏰᏒᏋᏋᎴᏋᏒ LLM is working now...
Relektiert die Kernideen des Konzepts und generiert vereinfachte Varianten - die mit niederschwelligen Methoden und Materialien umsetzbar sind.
Reflektiert die ethische Perspektive auf das Projekt - sucht und hinterfragt kritische blinde Flecken im Konzept und entwickelt erbauliche loesungsorientierte Fragestellungen.
Reflektiert zugrundeliegende intrinsische Motivation des Projektes - untersucht diese kritisch und reflektiert mit erbaulichen Fragestellungen.
Zeigt Verbindungen oder interessante Überschneidungen zu anderen Konzepten innerhalb dieser BREEDER Instanz.
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